Ich nehme Abschied. Einen lange ersehnten Abschied, der wohl nun doch viel zu schnell kam.
Abschied von einer Stadt, in der ich geboren wurde. Ob ich meine Stadt liebe? Darüber hatte ich mir bisher keine Gedanken gemacht. Ich lebe hier und ich fühle mich wohl.

In Gedanken versunken wandere ich noch einmal durch die Gassen der mittelalterlichen Altstadt und wähle den Fußweg steil bergauf zum Schloss. Vorbei an alten, von der Zeit gezeichneten Häusern, in denen mitunter auch weltbekannte Persönlichkeiten lebten und wirkten.

Tief atmend erreiche ich den Innenhof des Linzer Schlosses und wandere weiter zum Schlosspark. Dort angekommen setze ich mich auf eine Bank und lasse meine Blicke schweifen.

Der Pöstlingberg! Kindheitserinnerungen. An die Fahrten mit der Grottenbahn quer durch die mittelalterliche Festung. Durch das geheime Zwergenreich und das Märchenland, tief im Inneren des Berges verborgen.

Das neue Rathaus! Schön anzusehen mit seiner sehr eigenwilligen Architektur. Eigenwillig, wie die ganze Stadt. Daneben das international berühmte Ars Electronica, ein Museum der Zukunft und der Kommunikation.

Meine Blicke wandern die Donau entlang zum Brucknerhaus und in den Donaupark, der von wunderbaren Stahlskulpturen geschmückt wird - als Symbole der Industrialisierung. Ich hatte diese Skulpturen immer schon geliebt. Wie sie sich präsentieren, unverwüstlich und klar in ihrer Aussage als Zeitzeugen.

Erinnerungen an die von mir zuletzt besuchte Klangwolke werden wach - Progression hieß sie und erzählte von Toleranz und Verstehen.
Ein Genuss, bei Dunkelheit inmitten von 100.000 Menschen im Donaupark ganz nah am Donauufer zu sitzen und diese eindrucksvollen Klänge und Lichter zu erleben und den Erzählungen durch Klaus-Maria Brandauer zu lauschen. Immer wieder erinnere ich mich an die Erzählung vom Zaunzieher, der sich ohne Zäune rund um sein Leben nicht sicher fühlen konnte.

Ja, Linz hat sich entwickelt. Wie Phönix aus der Asche entstieg sie ihrem Image der einst schmutzigen, von Hochöfen, rauchenden Schloten und schlechter Luft dominierten Industriestadt.

Linz wurde eine Stadt, die sich zu präsentieren versteht. Eine Stadt, deren Avantgardismus nicht zu übersehen ist. Die technologisch im Begriff ist, Führungsrollen zu übernehmen.

Linz ist in Bewegung geraten, nutzt die vorhandenen Ressourcen im Bereich Kunst, Kultur und Wissenschaft. Wenn auch ohne großen Donner. Diese Stadt entwickelt sich still und leise und setzt in Erstaunen.

Mit einem Lächeln erhebe ich mich von meiner Bank hoch oben auf dem Schlossberg. Ein letzter Blick noch in das zu meinen Füßen liegende Donautal. Ein Blick, der zwar Abschied nimmt, jedoch auch verspricht, bald wieder zu kommen.

Und plötzlich weiß ich, was es bedeutet, stolz auf seine Stadt zu sein.